Mai 2017
Mehr kann man in sechs Tage nicht hineinpacken: Jerusalem, Tel Aviv, Gaza-Streifen, Golan-Höhen und vor Ort jede Menge Gespräche. Das war eine rundum anregende, anstrengende Reise. Wir haben viel gelernt über ein Land, das von allen Seiten in seiner Existenz bedroht ist und sich dennoch zu einer quirligen grünen Oase entwickelt hat – und dies inmitten einer Weltgegend, die von Krieg, Terror und Trockenheit gekennzeichnet ist.
Natürlich begann die Reise des Berliner Presse Clubs dort, wo alles begann: In Yad Vashem, in der Holocaust-Gedenkstätte, wo wir dem deutschen Bundespräsidenten hart auf den Fersen waren: Zehn Minuten vor unserer Ankunft hatte Frank-Walter Steinmeier dort einen Kranz niedergelegt. Durch das neue eindrucksvolle Holocaust-Museum führte uns eine junge Jüdin aus Koblenz, die vor einigen Jahren nach Israel ausgewandert ist. Ein Phänomen, das uns auf dieser Reise noch häufiger begegnen sollte: Junge Deutsche, die in Israel ihre neue Heimat gesucht und gefunden haben.
Überhaupt war uns in den sechs Tagen die Gegenwart näher als die Vergangenheit. Die vielen Gespräche – sei es mit schwer bewaffneten Soldaten der israelischen Armee oder solchen der UN-Mission, die am Golan auf Beobachtungsposten stehen, sei es mit kirchlichen Vertretern und zivilen Kräften, die das Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern fördern, sei es mit jenem Arzt, der in einem israelischen Krankenhaus syrische Schwerstverletzte versorgt – diese Gespräche kreisten immer wieder um ein Thema: Israels Sicherheitslage und die Sehnsucht nach einer Lösung des ewigen Nahost-Konflikts. „Wir sind optimistisch“, diesen Satz hörten wir oft, allein: Es fehlt angesichts von so viel Bedrohung der Glaube.
Ein anderes Thema, das in Deutschland gerade wichtig ist, kam erst ganz zum Schluss zur Sprache. Es war der charismatische Bürgermeister von Tel Aviv, Ron Huldai, der über Flüchtlinge sprach. 40.000, vorwiegend Nordafrikaner, haben in Israel Zuflucht gesucht. Ein einziger wurde bislang als Flüchtling anerkannt. Und Ron Huldai, der gerade im Flughafen Tempelhof die Situation der Flüchtlinge in Berlin besichtigt hatte, sagte auch, warum Israel so rigoros verfährt: „We are already a state of refugees“. Jüdische Flüchtlinge haben den Staat Israel gegründet, jüdische Einwanderer sind nach wie vor willkommen. Sie erhalten noch am Flughafen ihre Staatsbürger-Urkunde. Auf diese Weise ist der Staat Israel rasant gewachsen: von knapp einer Million 1947 auf inzwischen über acht Millionen. Dass angesichts der Platznot selbst die strenge UNESCO beim Weltkulturerbe ein Auge zudrückt, wurde uns in Tel Aviv vor Augen geführt: Um drei Stockwerke dürfen die denkmalgeschützten Bauhaus-Häuser jetzt aufgestockt werden. In seiner Not bleibt Israel eben nur eine Richtung zur Ausdehnung: nach oben. (MZ)
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